Wie es weiter geht mit dem Bargeld? – Das war das Thema beim Berliner Pub Talk am 26. August. Christina Schwarzer, CDU-MdB, Mitglied im Bundestagsausschuss Digitale Agenda und stellvertretende Sprecherin im Verein für Netzpolitik (c-netz) sowie Sebastian Frevel, Leiter Politik der Initiative Deutsche Zahlungssysteme (IDZ), standen dem Publikum Rede und Antwort. In der IDZ engagieren sich Unternehmen und Verbände für elektronische Bezahllösungen. Die Veranstaltung wurde von Marius Sypior moderiert.

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Bargeld Pubtalk von links: Sebastian Frevel, Marius Sypior und Christina Schwarzer MdB / Foto Andrea Tschammer

Bargeld und e-Geld

80 Prozent aller Einkäufe in Deutschland werden mit Bargeld abgewickelt. Trotzdem sind elektronische Bezahllösungen in Deutschland auf dem Vormarsch. Auch Discounter akzeptieren seit diesem Jahr Kreditkarten. Zudem kommen kontinuierlich neue Bezahl- und Abrechnungsverfahren auf den Markt. Das Publikum des Berliner Pub Talks hat ganz unterschiedliche Bezahlvorlieben. Mehrere Teilnehmer betonten, dass sie vorzugsweise mit Bargeld bezahlen. Schwarzer nutzt nach Möglichkeit bargeldlose Zahlungssysteme wie Kreditkarten, Apps mit Zahlungsfunktionen und PayPal. 

Sicherheit

Auf den ersten Blick ist elektronisches Geld vor Diebstahl besser gesichert als Bargeld. Allerdings sind auch elektronische Geldbörsen auf Mobiltelefonen angreifbar, wie Silke Wollmann von der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW) erläuterte. Frevel ergänzte, dass von den Unternehmen die in der IDZ vertreten seien, keine vergleichbaren Fälle für Zahlungskarten mit Geldbörsenfunktion vorlägen. Debit- und Kreditkarten sind  das sicherste Zahlungsmittel – vorausgesetzt, man geht sorgfältig damit um.

Datenschutz

Barzahlungen sind nur schwer nachverfolgbar. Alan Schapke und weitere Teilnehmer warnten vor möglichem Missbrauch von Zahlungsdaten. Der NSA-Skandal habe deutlich gemacht, dass der gesamte Datenverkehr von Geheimdiensten überwacht wird. Alle elektronischen Zahlungen können somit auch einzelnen Menschen zugeordnet werden. Damit werden auch Szenarien möglich, wie nachträgliche Sanktionen für potenziell gesundheitsschädigendes Verhalten, ergänzte Andrea Tschammer. Frevel wies darauf hin, dass die IDZ-Mitglieder kein Scoring mit den ihnen vorliegenden Zahlungsdaten betreiben würden. Es gäbe aber zahlreiche Dienstleister, die das tun würden. Die Menschen seien grundsätzlich bereit, bei Barzahlungen ihre Daten für Werbezwecke zur Verfügung zu stellen. Das zeige der Erfolg der Payback-Karten. Schwarzer fügte hinzu, dass durch die Bereitstellung von Daten zusätzlicher Nutzen für die Kunden entstehen würde. Darum stehe sie diesen Geschäftsmodellen nicht so skeptisch gegenüber und nutze unter anderem auch selber eine Payback-Karte. Jedoch muss man sich als Nutzer einer solchen Karte bewusst sein, dass Daten gespeichert und analysiert werden. 

Und Rentner, Obdachlose…?

Einige Bevölkerungsgruppen seien auf Bargeld angewiesen, so wäre es für Bettler in einer Welt ohne Bargeld sehr schwierig, so Tschammer. Auch ältere Leute seien mit Nutzung nichtbarer Zahlungsmöglichkeiten schnell überfordert. Hinzu käme, dass einige Menschen von Zahlungsdienstleistungen ausgeschlossen seien, da sie als nicht kreditwürdig gelten. Frevel verwies auf die Verpflichtung der Banken auf Grund einer EU-Gesetzesinitiative ab dem nächsten Jahr ein Konto für Jedermann anbieten zu müssen. Damit hätten auch Obdachlose das Recht auf ein eigenes Konto. Insbesondere im sozialen Bereich bestünden viele Möglichkeiten zum Einsatz von bargeldlosen Bezahlsystemen, um Diskriminierung zu vermeiden. Wenn zum Beispiel an einer Schule alle Schüler ihr Mittagessen mit einer Karte bezahlen, sei nicht mehr zu ermitteln, welcher Schüler einen Zuschuss vom Amt erhalten hat. Schwarzer ergänzte, dass bereits heute auch viele ältere Menschen moderne Technik nutzen würden. Der Fortschritt der Digitalisierung muss zwingend im Zusammenhang mit der Abschaffung von Bargeld gesehen werden. Bargeld werde auch nicht von heute auf morgen verschwinden. Damit bestehe Spielraum, für die Probleme Lösungen zu finden.  

Schwarzarbeit und Korruption

Sowohl bei Schwarzarbeit als auch bei Korruption käme oft Bargeld zum Einsatz. Sypior verwies auf den US-Ökonom Rogoff, der aus diesem Grund die Abschaffung von Bargeld gefordert hat. Dass dieser Zusammenhang nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigen Gesetze in anderen europäischen Ländern, die Barzahlungen von mehreren tausend Euro verbieten. Auch in Deutschland hat der Finanzminister von Nordrhein Westfalten, Walter Borjans, eine Beschränkung von Barzahlungen durch den Gesetzgeber gefordert. Schapke entgegnete, dass die schwerwiegenden Verbrechen nicht auf Bargeld-Basis verübt werden.

Knackpunkt Gesetzesänderung

„Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.“ heißt es im Paragraph 14 des Bundesbankgesetzes. Das bedeutet, wer auch immer Waren und Dienstleistungen in Deutschland anbietet, muss Bargeld als Zahlungsmittel akzeptieren. Niemand ist aber gezwungen, Zahlungen in E-Geld zu akzeptieren. Frevel überlegte, diesen Paragraphen zugunsten einer Wettbewerbsfreiheit zu streichen. Dadurch stünde es der Wirtschaft frei, welche Zahlungsmittel sie von ihren Kunden akzeptieren. 

Und wie geht’s weiter?

Schwarzer machte deutlich, dass eine Änderung des Bundesbankgesetzes in nächster Zeit unwahrscheinlich sei. Sie gehe aber davon aus, das Bargeld mittelfristig von elektronischen Zahlungsmitteln verdrängt wird. Frevel wies auf den starken Zuwachs bei elektronischen Bezahllösungen hin. Irgendwann sei der Tipping-Point erreicht, zu dem Bargeldzahlungen für die Wirtschaft unverhältnismäßig teuer werden würden.

Matthias Bannas und Marius Sypior

Impressionen der Veranstaltung / alle Fotos von Andrea Tschammer

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