Dem Bundestag liegen drei fraktionsübergreifende Gesetzesentwürfe zur Neuregelung der Sterbehilfe vor. Für einen der Entwürfe ist der SPD-Bundestagsabgeordnete Professor Dr. Lars Castellucci MdB maßgeblich verantwortlich. Beim Berliner Pub Talk diskutierte er mit der Hospizleiterin Susanne Rehberg und Fredi Lang vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) über das Thema. Dr. Robert Grimm präsentierte eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos. Matthias Bannas hat moderiert.
Die Gesetzesvorschläge
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 26. Februar 2020 ist die geschäftsmäßige Sterbehilfe in Deutschland straffrei. Es herrscht Einigkeit im Bundestag, dass eine Regulierung erforderlich ist. Die vorliegenden Gesetzesvorschläge unterscheiden sich deutlich. Der erste Entwurf sieht als Voraussetzung für die Verordnung eines tödlichen Betäubungsmittels eine Beratung vor. Beim zweiten Entwurf sind zwei Beratungstermine erforderlich. Das tödliche Betäubungsmittel wird danach von einer Behörde verordnet. Beim Entwurf für den Castellucci maßgeblich verantwortlich ist (dritter Entwurf) soll ein „abgestuftes und ausgewogenes Schutzkonzept“ eingeführt werden. Das sieht zwei psychiatrische Untersuchungen im Abstand von drei Monaten und eine zusätzliche Beratung als Voraussetzung vor. Werbung für Sterbehilfe soll verboten werden. Ergänzt wird der Gesetzesvorschlag mit einem Antrag zur Suizidprävention. Die Begründung dafür ist naheliegend. Wenn der Zugang zum assistierten Suizid leichter zugänglich ist als „gute Pflege im Alter, bei Krankheit oder Behinderung, als psychotherapeutische und psychiatrische Hilfe in psychosozialen Krisen, als palliative Versorgung und niedrigschwellige Suizidpräventionsangebote“ entsteht eine Schieflage. „Der assistierte Suizid darf nicht als Ausgleich anderer Versorgungsdefizite dienen.“
Die Debatte
Für welchen der drei Anträge es am Ende eine Mehrheit im Bundestag geben wird, ist noch offen. Die Ipsos-Daten zeigen, „dass eine Mehrheit der Deutschen (55%) es begrüßen würde, wenn Ärzte und Sterbehilfeorganisationen dazu berechtigt wären, beim Suizid zu assistieren.“ Bei der Veranstaltung wurde deutlich, dass es für das Schutzkonzept – wie es im dritten Antrag vorgeschlagen wird – von Menschen, die Erfahrung in der Hospizarbeit haben, Unterstützung gibt. Viele Suizidwünsche hätten Ursachen, denen sich mit geeigneten sozialpolitischen Maßnahmen begegnen lässt. Die Verknüpfung des Gesetzesvorschlags mit einem Antrag zur besseren Suizidprävention wurde darum von Frau Rehberg ausdrücklich gelobt. Lang machte deutlich, dass der BDP seinen Mitgliedern geeignete Qualifizierungsmaßnahmen für die Sterbebegleitung und -beratung anbietet. Die erforderlichen Beratungen können geleistet werden. Für ihn stelle sich die Frage, ob sich ein strenges Schutzkonzept mit der Anforderung bei dem Thema autonom zu entscheiden, in Einklang bringen lässt. Castellucci machte deutlich, dass das Schutzkonzept insbesondere auf die Schwachen in der Gesellschaft abzielt.
Matthias Bannas
Links:
Umfrage von Ipsos: https://www.ipsos.com/de-de/sterbehilfe-mehrheit-der-deutschen-fur-suizidassistenz-durch-arzte
Erster Entwurf: https://dserver.bundestag.de/btd/20/023/2002332.pdf
Zweiter Entwurf: https://dserver.bundestag.de/btd/20/022/2002293.pdf
Dritter Entwurf: https://dserver.bundestag.de/btd/20/009/2000904.pdf