Nils Busch-Petersen, (Hauptgeschäftsführer beim Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V.) und Pröpstin Friederike von Kirchbach, Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) diskutierten beim Berliner Pub Talk über die Sonntagsöffnung im Einzelhandel. Die Veranstaltung wurde von Alexander Schröder moderiert.

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Diskussion zur Sonntagsöffnung, von links: Axel Graf Bülow (FDP), Darija Bräuniger (HDE), Nils Busch-Petersen (Handelsverband Berlin Brandenburg), Moderator Alexander Schröder, Pröpstin Friederike von Kirchbach (EKBO) und Karsten Pudzich (real).-Foto: Andrea Tschammer

 

Die Positionen waren klar verteilt. Busch-Petersen machte sich für die Freigabe des Sonntags für den Einzelhandel stark. Diese Position wurde von Karsten Pudzich, General Manager für das Verkaufsgebiet Ost bei real, geteilt. Pröpstin von Kirchbach betonte den Wert des arbeitsfreien Sonntags, der eben kein Tag wie jeder andere ist.

Wirtschaftliche Zwänge

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich für den Einzelhandel in den letzten Jahren massiv verändert. Busch-Petersen erinnerte daran, dass sein Verband vor 25 Jahren noch gegen eine Sonntagsöffnung gewesen sei. In der Zwischenzeit sei jedoch mit dem Online-Handel ein mächtiger Konkurrent herangewachsen. Zwanzig Prozent aller Einzelhandelsumsätze werden heute bereits online erzielt. Die meisten Bestellungen im Online-Handel fallen auf den Sonntag machte Busch-Petersen deutlich. Die Digitalisierung lässt uns über Konzepte wie „Ladenöffnungszeiten“ aus einem neuen Blickwinkel diskutieren. Im Internet kann man auch am Sonntag einkaufen. Darija Bräuniger (Handelsverband Deutschland HDE) antwortete auf Anfrage von Felix Hardach, dass für den Online-Handel in den nächsten Jahren weiter steigende Umsatz- und damit Marktanteile zu erwarten seien.

Besonders schwierig sei es für Einzelhändler in Tourismusanziehungspunkten wie Potsdam, erklärte Axel Graf Bülow, FDP-Vorsitzender in Brandenburg. Wenn die Stadt voller Menschen sei, würden einige Einzelhändler auf Grund der unverständlichen Gesetzeslage am Sonntag öffnen. Das könne jedoch empfindliche Strafen nach sich ziehen.

Der Sonntag als Feiertag       

Unabhängig davon ob Menschen den Sonntag für den Besuch eines Gottesdienstes nutzen oder nicht, sei der Sonntag eben kein Tag wie jeder andere, machte Pröpstin von Kirchbach deutlich. Sie untermauerte dies mit einem Hinweis auf das Lied „Sonntag“ von Manfred Krug. Hier werde deutlich, dass der Sonntag ein besonderer Tag ist, weil das Leben für die Menschen an diesem Tag ganz anders ist als an den anderen Tagen der Woche. An diesem Tag hätten viele Familien die einzige Chance für gemeinsame Aktivitäten. Für Christen habe der Sonntag in Folge des dritten Gebots „Du sollst den Feiertag heiligen“ einen hohen Stellenwert. Sie spreche in Ihrer Funktion natürlich in Vertretung für diese Menschen.

… und die Kunden      

Für Einkäufe im Supermarkt bieten sich besonders der Montag und der Dienstag an. Ab Mittwoch steige die Anzahl der Kunden kräftig an, am Samstag sei der Höhepunkt, so die Erfahrung von Georg Preller. Verkaufsoffene Sonntage würden diesen Effekt entzerren. Warum muss es eigentlich eine gemeinsame Taktung von Gesellschaft geben, die auch dazu führt, dass Naherholungsgebiete am Wochenende überlaufen sind, und mehr nach Parfüm statt nach Pflanzen riechen? Für die Liberalisierung des Sonntags könne der Einzelhandel als Alternative dazu verpflichtet werden, am Montag zu schließen. Pascal Heymann wies darauf hin, dass es auch andere Gründe für Online-Einkäufe am Sonntag geben würde, zum Beispiel Artikel die in den Läden überhaupt nicht erhältlich seien. Zudem würde der Kunde die online bestellten Artikel sowieso frühestens am Montag erhalten.

Andere Länder, andere Sitten

In anderen Ländern existieren teilweise sehr strenge Feiertagsregeln. Ein Beispiel hierfür ist der Sabbat in Israel. Es gibt aber auch sehr religiöse Länder – wie zum Beispiel Polen – mit liberalen Öffnungszeiten am Sonntag. Dort sind die Gottesdienste dennoch besser besucht als in Deutschland. Auch wer regelmäßig zu Gottesdiensten geht, könne eine liberale Haltung zur Sonntagsöffnung haben, machte Oliver Görs (FDP-Pankow) deutlich. Heymann schilderte seine Erfahrungen aus Schottland. Dort sei der verkaufsoffene Sonntag tatsächlich nur noch ein Tag wie jeder andere.

Fazit

Eine Sonntagsöffnung, die den Einzelhandel zukunftsfähig machen soll, erfordert eine Änderung des Grundgesetzes. Das forderten Busch-Petersen und Pudzich. Bereits heute würden – zum Beispiel in der Gastronomie – viele Menschen am Sonntag arbeiten. Der Unterschied zum Einzelhandel sei nicht ersichtlich. Pröpstin von Kirchbach widersprach dieser Forderung. Andrea Tschammer ergänzte, dass eine Grundgesetzänderung zur Folge hätte, dass der Sonntag in seinem jetzigen Charakter für Deutschland unwiderruflich verloren gehen würde. Das könne eigentlich niemand wollen.

Matthias Bannas  und Alexander Schröder / alle Fotos Andrea Tschammer

 

Impressionen der Veranstaltung:

 

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