Die Bundesregierung weist in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ auf volkswirtschaftliche Kosten des Rauchens in Höhe von 56 Milliarden Euro jährlich hin. Hinzu kommen laut Deutschem Krebsforschungszentrum Krankheitskosten durch Behandlung tabakbedingter Erkrankungen in Höhe von 25 Milliarden Euro. Das spricht für ein Tabakwerbeverbot. Wenn das Rauchen aber wirklich so gefährlich ist, stellt sich doch die Frage, warum es in Deutschland nicht verboten ist? Da es nicht verboten ist, handelt es sich um ein legales Produkt. Darum ist die Position der Tabak- und Zigarettenindustrie nachvollziehbar, dass für legale Produkte Werbung möglich sein muss.

Kommt das Tabakwerbeverbot in Deutschland?

Bereits im Jahr 2005 hat sich Deutschland in einem Vertrag mit der Weltgesundheitsorganisation WHO dazu verpflichtet, Tabakwerbung in Deutschland umfassend zu verbieten. Alle anderen Länder der Europäischen Union handhaben die Tabakwerbung viel strenger als Deutschland. In der letzten Legislaturperiode des Bundestages ist ein Tabakwerbeverbot am Widerstand der Unionsfraktion gescheitert. In dieser Legislaturperiode herrscht grundsätzlich Einigkeit zwischen den Regierungsfraktionen. Noch liegt aber kein Gesetzesvorschlag vor. Eine Verbändeanhörung im zuständigen Bundeslandwirtschaftsministerium hat auch noch nicht stattgefunden. Trotz der Führungskrise in der CDU ist es unwahrscheinlich, dass die Gesetzesinitiative zum Tabakwerbeverbot der Diskontinuität zum Opfer fällt. Rainer Spiering MdB, agrarpolitischer Sprecher (Obmann) der SPD-Bundestagsfraktion sieht eine politische Zuständigkeit für das Thema: „Werbung ist eine klare Aufgabe von staatlicher Regulierung.“

Warum Werbung / Sponsoring?

Um neue Marken oder Produkte auf den Markt zu bringen oder um die Marktanteile einer Marke zu verteidigen, sind Werbe-, Sponsoring- oder andere Marketingaktivitäten unerlässlich. Ein Verbot dieser Maßnahmen würde die Tabakbranche hart treffen. Etablierte Produkte wären nur noch schwer angreifbar. Alles was dann noch an Maßnahmen erlaubt ist, wird teurer und ist damit für kleinere Unternehmen mit wenig Marktmacht kaum noch zu bezahlen sein. Jan Mücke (Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) und Geschäftsführer beim DZV (Deutscher Zigarettenverband) macht deutlich: „Es muss möglich sein, Marktanteile zu erringen. Das gehört in einer Marktwirtschaft dazu.“

Wie aufwendig die Markteinführung neuer Tabakprodukte ist, ist bei Iqos von Philip Morris deutlich geworden; PR, klassische Werbung und Maßnahmen am Point of Sale. Das Produkt ist sehr gut sichtbar. Der Claim: sinngemäß „rauchen mit viel weniger Nebenwirkungen“, greift die weitverbreitete Skepsis gegen Zigaretten auf.

Ein Vorwurf, der immer wieder gegen Tabakwerbung gemacht wird, lautet „Sie richtet sich gezielt oder beiläufig an Kinder und Jugendliche.“ Dieser Vorwurf ist nicht von der Hand zu weisen, auch wenn aktuell keine Beschwerden bei den zuständigen Aufsichtsbehörden vorliegen. Auch Kinder und Jugendliche nehmen Plakatwerbung oder Kinowerbung bei Abendvorstellungen wahr. Gleiches gilt für Sponsoringmaßnahmen und Influencer-Kampagnen. Werbebotschaften die junge Erwachsene adressieren, funktionieren auch für Jugendliche. Dr. Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) hat dazu eine klare Meinung: „Wir wissen, dass Tabakwerbung einen Beitrag dazu leistet, junge Menschen zum Rauchen zu verleiten. Tabakwerbung kommt bei Jugendlichen an. Das gilt auch bei Alkohol.“ Auf der anderen Seite ist das Argument der Tabakindustrie schlüssig, dass die Raucherzahlen unter jungen Erwachsenen in Deutschland rückläufig sind.

Gesundheit versus Genussmittel

Auch andere Genussmittel (zum Beispiel Alkohol oder Süßigkeiten) werden mit hohen Werbebudgets möglichen Kunden nähergebracht. Darum ist die die Befürchtung der betroffenen Branchen nicht abwegig, dass ein Tabakwerbeverbot nur ein erster Schritt hin zu weiteren Einschränkungen ist. Aber steigt nach einer erfolgreichen Verabschiedung eines Tabakwerbeverbots der Druck auf die politischen Entscheider, Werbung für andere Produkte ebenfalls zu verbieten? Ist Tabak nur „die erste Scheibe der Wurst“, wie es Mücke sieht.

Prüfung vor Gericht

Verstößt ein Tabakwerbeverbot gegen die Freiheit der Berufsausübung und die Meinungsfreiheit? Mir fehlt es an Expertise, um das zu beurteilen. Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass Gesetze vor Gericht überprüft werden. Das hindert aber politische Entscheider nur selten daran, Gesetze zu verabschieden.

Berliner Pub Talk zum Tabakwerbeverbot

Am 12. Februar fand der Berliner Pub Talk zu „Tabakwerbeverbot – wirksamer Gesundheitsschutz oder Symbolpolitik?“ statt. Jan Mücke (Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) und Geschäftsführer beim DZV (Deutscher Zigarettenverband), Dr. Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Rainer Spiering MdB, agrarpolitischer Sprecher (Obmann) der SPD-Bundestagsfraktion haben mit dem Publikum über das Thema diskutiert. Stefan Mauer hat moderiert. Xing News hat die Veranstaltung unterstützt.

Matthias Bannas