Seit sieben Jahren tobt in Syrien ein Bürgerkrieg. Wie Lösungen für Syrien aussehen könnten, diskutierten Bijan Djir-Sarai MdB, außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Denis Mikerin, Pressesprecher der Botschaft der Russischen Föderation in Deutschland, beim Berliner Pub Talk am 26. September. Alice Greschkow hat moderiert.
500.000 Tote, zwölf Millionen Menschen auf der Flucht und ein Land, das in großen Teilen zerstört ist, sind die schrecklichen Auswirkungen des Krieges. Zurzeit sieht es so aus, als ob der syrische Präsident Assad den Krieg gewinnen wird. Ob das zwangsläufig bedeutet, dass Assad nach Kriegsende langfristig an der Macht bleibt, hängt auch damit zusammen, wie der Wiederaufbau des Landes finanziert wird.
Mikerin verwies auf die UN Resolution 2254. In dieser habe sich die Staatengemeinschaft verpflichtet, das Selbstbestimmungsrecht des syrischen Volkes zu gewährleisten und den Wiederaufbau Syriens zu unterstützen. Russland habe sich auf Anfrage Syriens an dem Krieg beteiligt, um Terrorismus zu bekämpfen und die territoriale Identität Syriens zu sichern. Als Russland eingegriffen hat, waren 70 Prozent des syrischen Staatsgebietes von Terroristen besetzt. Djir-Sarai sah hier eine lose-lose-Situation, wenn die Wahl darin bestehe, entweder den „Schlächter Assad“ zu unterstützen oder die Terroristen. Er kritisierte, dass Deutschland und Europa überhaupt keine Rolle in Syrien spielen würden. Krieg habe nie einen Sieger. Die Diplomatie müsse die Stärke der europäischen Gemeinschaft sein. Die USA ziehe sich zurück. Wer eine Lösung wolle, müsse heute in Moskau und nicht in Washington anrufen.
Verfassung und Demokratie
Russland mache sich für einen politischen Prozess stark, betonte Mikerin. Die verfassungsgebende Versammlung solle 150 Personen umfassen. Nur 50 davon solle Assad bestimmen. Djir-Sarai forderte eine breite Beteiligung für die Verhandlungen zur syrischen Verfassung. Wichtig sei, dass auch ein Versöhnungsprozess gestartet werde. Dem stimmte Mikerin ausdrücklich zu.
Flüchtlinge
Djir-Sarai kritisierte die Gesetzesinitiative der syrischen Regierung zur Schlechterstellung von Flüchtlinge bei der Feststellung von Eigentumsansprüchen an Grund und Boden. Dabei handle es sich de facto um Enteignungen. Er könne kein Interesse der syrischen Regierung erkennen, dass die Flüchtlinge wieder zurück nach Hause kommen. Djir-Sarai skizzierte als Grund für diese Degradierung den Hintergrund, dass die syrische Regierung unter den Flüchtlingen besonders viele Kritiker des Regimes vermute – man wolle die Zahl der Kritiker reduzieren. Mikerin wies darauf hin, dass innerhalb Syriens bereit mehr als eine Million Vertriebene zurückgekehrt seien. An dem Wiederaufbau beteilige sich Russland bereits seit 2015.
Europa
Trump habe die Europäer zum Nachdenken gebracht, macht Djir-Sarai deutlich. In der Vergangenheit konnte sich die Europa blind auf die Amerikaner verlassen. Das sei nicht mehr der Fall. Darum brauche Europa eine gemeinsam Außen- und Sicherheitspolitik und auch eine gemeinsame Armee. Zurzeit sei Europa aber nicht einmal in der Lage, sich auf eine gemeinsame Flüchtlingspolitik zu einigen.
Iran
Der Iran verfolge ein ähnliches Interesse wie im Libanon, so Djir-Sarai. Dort habe die Hisbollah erhebliche Macht. Es sei wichtig, den Einfluss des Iran in der Region zu verkleinern, um die Ausweitung diverser Stellvertreterkriege mit Saudi-Arabien zu verhindern.
Fazit
Die Beseitigung der Terroristen, ein Waffenstillstand und am Ende ein normales Leben für die Syrer. Das seien die Ziele Russlands für Syrien, so Mikerin. Djir-Sarai entgegnete, dass auch Europa an Stabilität interessiert sei, aber zu glasklaren Bedingungen. Nur gemeinsame Lösungen seien zielführend.
Matthias Bannas und Alice Greschkow
Impressionen der Veranstaltung: alle Fotos von Robert Grimm