Bio-Lebensmittel haben einen Marktanteil von knapp vier Prozent in Deutschland. Warum das so ist, darüber diskutierten Christoph Metzner (Die Lebensmittelwirtschaft) und Michael Wimmer (Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) beim Berliner Pub Talk. Die Veranstaltung wurde von Manuela Stamm moderiert. Einige Themen haben wir rausgepickt.

 

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Von links: Christoph Metzner, Manuela Stamm und Michael Wimmer / Foto Andrea Tschammer

Der Markt

Die Verbraucher können überall in Deutschland auf ein breites Angebot an Lebensmitteln zurückgreifen. Das gilt auch für Bio. Auch wenn die Biomarktdichte im Prenzlauer Berg noch nicht im ganzen Land erreicht ist. Für Biolebensmittel wie auch für konventionell produzierte Lebensmittel existieren zahlreiche Siegel. Metzner betonte die unglaubliche Vielfalt der Lebensmittelproduktion, warnte aber vor dem möglichen verwirrenden Effekt der Siegelvielfalt, der weder im Sinne des Verbrauchers, noch der Unternehmen sei. Wimmer ergänzte, dass das EU-Siegel ein Mindeststandard sei. Die anderen Siegel würden auf zusätzliche Selbstverpflichtungen der Siegelträger bei der Produktion hinweisen.

Zählt nur der Preis?

Lebensmittel werden immer noch vorrangig über den Preis verkauft. 99 Cent für 10 Eier aus Bodenhaltung sind kein Sonderfall. Das sah Metzner kritisch. Wer zusammenrechne, wie viele Kosten in diesen Eiern stecken – Produktion, Verpackung, Zwischenhandel, Handel – der ahnt, dass an einem solchen Produkt niemand viel verdient. Doch solange Kunden hauptsächlich nach dem Preis kauften, werde der Wettbewerb über den Preis gehen. Wimmer wies darauf hin, dass ein Grund für die niedrigen Preise in der Industrialisierung der Produktionskette zu finden sei. Wenige große Unternehmen beherrschen mit der Aufzucht der Küken über die Herstellung der Futtermittel bis zu den Eiern die gesamte Kette.

Wettbewerb und Tierschutz

Für Produzenten von Biolebensmitteln gelten andere Rahmenbedingungen. Zum Beispiel beim Verzicht des Kupierens/Abschneidens von Schweineschwänzen, so Wimmer. Das Abschneiden der Schwänze soll Bissverletzungen vermeiden. Dieses Problem trete bei Bioschweinen nicht auf, weil diese mehr Platz im Stall haben. Das erkläre die deutlich höheren Preise für Biolebensmittel. Ein besserer und strengerer Tierschutz würde laut Wimmer diese Wettbewerbsnachteile ein Stück weit ausgleichen. Metzner sagte, dass es das Ziel aller Tierhalter sei, die Tiere so artgerecht wie möglich zu halten. Hier bewege sich gerade viel in der Branche hin zu mehr Tierschutz. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Initiative zum Tierwohl von Herstellern und Handel, die besseren Tierschutz zum Ziel habe. Wimmer kritisiere die Initiative als Absichtserklärung, der noch keine Taten gefolgt seien.

Dialog und/oder Protest

Pünktlich zur Grünen Woche findet jedes Jahr eine Großdemonstration statt. In diesem Jahr mit 30.000 Teilnehmern. Motto der Demonstration war „Wir haben die Agrarindustrie satt“. Wimmer erklärte, dass der organisierte Protest an Bedeutung zunehme. Nur so sei es möglich, die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft in Deutschland zu ändern. Metzner forderte, dass die verschiedenen Seiten stärker in den Dialog miteinander treten, anstatt die Konfrontation zu suchen. Nur gemeinsam könnten Veränderungen erreicht werden.

Kann Bio die Welt ernähren?

Warum sich mit kleinteiligen Fragen aufhalten? Während Wimmer davon überzeugt ist, dass die Ernährung der Weltbevölkerung mit Bio möglich ist, war Metzner in diesem Punkt skeptisch. Es dürfe nicht um ein „entweder oder“ gehen. Beide Anbaumethoden können sinnvoll eingesetzt werden. Die moderne Landwirtschaft könne auf wenig Boden viel Ertrag bieten. Das sei gerade bei einer wachsenden Weltbevölkerung wichtig, wenn mehr Menschen auf weniger Raum leben müssten.

Matthias Bannas und Manuela Stamm / alle Fotos Andrea Tschammer

Twitter @MatthiasBannas

Erstveröffentlichung in der Pankower Allgemeinen Zeitung

Impressionen zur Veranstaltung

 

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