Mobilität und Verkehr spielt für die Berliner eine wichtige Rolle. Das wurde beim Berliner Pub Talk zum Fahrradvolksentscheid deutlich. Ole Kreins MdA, Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus für Verkehr und Heinrich Strößenreuther, Mit-Initiator der Initiative Volksentscheid Fahrrad, stellten sich der Diskussion mit dem Publikum. Die Moderation hat Alan Schapke von den Berliner Redekünstlern übernommen.

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Von links: Heinrich Strößenreuther, Alan Schapke und Ole Kreins MdA bei der Diskussion über die Fahrradstadt Berlin / Foto von Andrea Tschammer

 

Worum geht es beim Volksentscheid Fahrrad?

Die Initiative Volksentscheid Fahrrad engagiert sich für eine sichere und attraktive Infrastruktur in Berlin, so dass mehr Menschen sich trauen, Rad zu fahren, erklärte Strößenreuther. „Ein Weiter-so in der Verkehrspolitik in einer wachsenden Stadt geht nicht. Entweder steht die Politik weiter für eine altbackene Verkehrspolitik, die den Autoverkehr bevorzugt – oder sie traut sich, für einen Richtungswechsel und einen echten Ausgleich einzustehen. Wir wollen, dass Radverkehr zur Chefsache wird“, so Strößenreuther. Das beinhalte unter anderem 50 Kilometer neue Fahrradstraßen jährlich. Fahrradstraßen sind mindestens fünf Meter breit, Fahrradverkehr hat Vorrang und der zusätzliche Verkehr wird durch geeignete Maßnahmen eingedämmt. Weitere wichtige Forderungen seien bessere Radwege an Hauptverkehrsstraßen, die Sicherung von Kreuzungen, eine funktionstüchtige Instandhaltung der Infrastruktur, ausreichende und sichere Abstellmöglichkeiten und die Ahndung von Verkehrsdelikten, nachzulesen unter www.volksentscheid-fahrrad.de. Hierzu sei der Volksentscheid der richtige Weg, weil er den Berliner Senat zwinge, endlich zu handeln. Besser wäre es aber, wenn der Senat selber die Initiative ergreifen würde. Strößenreuthers Einschätzung, dass der Senat und die Bezirke zu wenig für eine bessere Fahrradinfrastruktur unternehmen, wurde von mehreren Teilnehmern ausdrücklich bekräftigt.

 … und was spricht dagegen?

Mit den Zielen der Initiatoren des Volksentscheid Fahrrad war auch Kreins einverstanden. Der Volksentscheid sei jedoch der falsche Weg. „Der Volksentscheid Fahrrad geht in die richtige Richtung, löst aber die Probleme der Radfahrer und Radfahrerinnen in Berlin nicht“, so Kreins. Viele Projekte lassen sich nicht einfach von heute auf morgen umsetzen. So seien zum Beispiel für die Umrüstung einer Kreuzung zwei Jahre erforderlich, um alle betroffenen Unternehmen (Gas, Wasser, Strom, usw..) zu koordinieren, auszuschreiben und zu bauen. Grundsätzlich gäbe es im Verkehr viele unterschiedliche Interessen. Diese gelte es in einem politischen Prozess miteinander in Einklang zu bringen. Bastian Roet (FDP-Berlin-Mitte) fügte hinzu: „Der Volksentscheid Fahrrad legt den Finger in die Wunde und gibt einen wichtigen Impuls für alle Parteien, in den einzelnen Maßnahmen geht er aber zu weit. Wir brauchen gute Politik für alle Verkehrsteilnehmer, keine Verschärfung des Konfliktes zwischen den Verkehrsteilnehmern.“

Investitionen für eine Fahrradstadt

Strößenreuther kritisierte, dass die Investitionen in den Fahrradverkehr in Berlin viel zu niedrig seien. Sie betragen pro Jahr gerade einmal vier Euro pro Einwohner. Für die Straßen läge der Wert bei 83 Euro und beim öffentlichen Nahverkehr bei 293 Euro. Hinzu käme das Problem, dass in den letzten Jahren insgesamt 4,5 Millionen Euro verfallen sind, die im Haushalt für die Radverkehrsinfrastruktur vorgesehen waren. Kreins antwortete, dass die Zahlen ein Stück weit hinken würden, weil Radfahrer auch Straßen nutzen. Der öffentliche Nahverkehr müsse Vorrang haben, weil er für die breite Bevölkerung Mobilität ermögliche. Das in den vergangenen Jahren Mittel verfallen sind, sei der Blockade des Koalitionspartners CDU geschuldet. Viele verkehrspolitische Entscheidungen fallen auf der Bezirksebene. Kreins appellierte an die Teilnehmer, sich politisch zu engagieren und bei den Infrastrukturentscheidungen auf Bezirksebene mitzureden.

Zu wenig Platz – zu viel Verkehr

Strößenreuther kritisierte, dass für den Radverkehr im Verhältnis zu dem Anteil, den er am Verkehr habe, viel zu wenige Radwege vorhanden seien. Für die Autos sei das Verhältnis genau umgekehrt. Der Kfz-Bestand in Berlin würde pro Jahr um 17.000 Stück wachsen. „Bei einer Stadt mit 4 Mio. Einwohnern bräuchte es eine Parkfläche so groß wie das Tempelhofer Feld – oder halt bei jedem zehnten parkenden Auto noch eines in zweiter Reihe daneben“, erklärte Strößenreuther. Kreins antwortete, dass es das Ziel der Verkehrspolitik sei, die Interessen aller Verkehrsteilnehmer miteinander in Einklang zu bringen. Das sei schwierig, weil der Raum zwischen zwei Häuserschluchten nun einmal begrenzt sei.

Klimaziele des Berliner Senats

Der Senat verfolgt das Ziel die städtischen Emissionen bis zum Jahr 2050 um 85 Prozent zu reduzieren, erklärte Strößenreuther. Das sei aber nur zu schaffen, wenn Radfahren in Berlin attraktiver wird. Dann würden Autofahrer auf das Fahrrad umsteigen. Kreins sprach sich für eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs aus.

Rücksicht im Straßenverkehr

Eine Teilnehmerin kritisierte die zunehmende Aggressivität im Straßenverkehr. Die Ursache dafür sei der Zuwachs im Verkehr. Sie sei selber von einem gewalttätigen Übergriff betroffen gewesen. Andere Teilnehmer schilderten ähnliche Erfahrungen. Es herrschte Konsens, dass das nicht akzeptabel ist.

Wie geht es weiter?

Alles spricht dafür, das Berlin weiter wächst. Damit wächst auch der Verkehr. Wie das geschieht, darüber entscheiden die Bürger, nicht nur beim Volksentscheid, sondern auch bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September.

Matthias Bannas und Alan Schapke

Impressionen der Veranstaltung / alles Fotos von Andrea Tschammer

 

 

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