Stefan Liebich (MdB, Die Linke) und Andrej Gross (ehem. Generaldirektor „Deutsche Messe Rus“) diskutierten im Rahmen des Berliner Pub Talks „Zuckerbrot oder Peitsche: Wie sollte der Westen auf das russische Vorgehen in der Ukraine reagieren?“ über die Ukraine-Krise. Die Veranstaltung wurde von Manuela Stamm moderiert.

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Von links: Matthias Bannas, Stephan Liebich MdB, Manuela Stamm und Adrej Gross / Foto Andrea Tschammer

 

Wer ist schuld?

In der Ostukraine wird Krieg geführt. Der Konflikt ist innerhalb weniger Monate eskaliert. Von Schuld oder besser Verantwortung ist keine der beteiligten Parteien freizusprechen. Wie diese zu verteilen ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Liebich und Gross sehen die Hauptverantwortung bei Russland. Diese Position wurde allerdings von großen Teilen des Publikums nicht geteilt.

Humanitäre Katastrophe

Die Versorgung der Bevölkerung in Lugansk und Donzek mit Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten wird immer schwieriger. Das gilt auch für Strom. Viele ältere Menschen sind nicht aus den beiden umkämpften Städten geflohen und müssen versorgt werden. Ein ganz praktisches Problem ist der Beginn des neuen Schuljahres.

Völkerrecht?

Der Konflikt in der Ukraine wäre vermutlich nicht eskaliert, wenn sich Russland an das Völkerrecht gehalten hätten. Liebich und Gross machten deutlich, dass weder das Vorgehen auf der Krim noch in der Ostukraine mit dem Völkerrecht in Einklang zu bringen ist. Hierzu gab es auch andere Positionen. Andreas Jopt (Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation in Deutschland) wies auf den Staatsrechtler Schachtschneider hin, der das Vorgehen Russlands auf der Krim als völkerrechtskonform einstuft. Juri Darwin kritisierte, dass beim Völkerecht mit zweierlei Maß gemessen werde. So hätte es zum Beispiel keine internationale Empörung bei der Abspaltung des Kosovo von Serbien gegeben. Liebich antwortete, dass die PDS (Vorgänger Die Linke) hier deutliche Kritik geübt hätte. Das Völkerrecht werde aber auch ausgehöhlt, wenn die USA die Stellungen des Islamischen Staats in Syrien bombardieren würden, ohne vorher Rücksprache mit Präsident Assad zu halten.

Die Medien in Russland und Deutschland

Ob die deutschen Medien objektiv über den Ukraine-Konflikt berichten würden, diese Frage wurde aus dem Publikum aufgeworfen. Jopt warf ein, dass die Berichterstattung in Russland wesentlich ausführlicher und an Tatsachenberichten orientiert sei. Gross schilderte seine Erfahrungen über die Berichterstattung im russischen Fernsehen. Seiner Ansicht nach werde hier Hass geschürt.  Das erschwere die Lösung des Konfliktes. Zum Beispiel werde der Eindruck vermittelt, so Gross, dass in der Ukraine eine faschistische Regierung an der Macht sei. Bei den – ohne Frage rechtslastigen – Regierungsvertretern der Swoboda-Partei handele es sich aber nur um eine Minderheit. Hinzu käme, dass in vielen Regionen Russlands von einer Medienvielfalt überhaupt nicht die Rede sein könne. Es gäbe nur zwei staatliche Fernsehkanäle. Damit bestehe überhaupt nicht die Möglichkeit sich aus unterschiedliche Quellen zu informieren, um sich eine Meinung zu bilden.

Den Krieg sofort beenden!

Das nach einer kontroversen Diskussion alle Diskussionsteilnehmer sich doch einig sind, ist ungewöhnlich. Der Forderung aus dem Publikum, dass der Krieg sofort beendet werden müsse, um den Konflikt zu lösen, konnten sich alle anschließen.

Matthias Bannas  und Manuela Stamm / alle Fotos Andrea Tschammer

Erstveröffentlichung in der Pankower Allgemeinen Zeitung

Impressionen der Veranstaltung

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