Der e-commerce hat sich in den letzten Jahren rasant in Deutschland entwickelt. Wie es weitergeht, diskutierten David Baumgart (Director Government Relations | Alibaba Group | Germany, Central & Southeast Europe, Turkey) und Jost Vielhaber (Beauftragter des Vorstands für politische Angelegenheiten des Bundesverbands Onlinehandel (BVOH) und Director Public | Affairs bei reuter.de) beim Berliner Pub Talk am 25. Januar. Moderiert hat Irene Waltz-Oppertshäuser.

Von links: Jost Vielhaber, Irene Waltz-Oppertshäuser und David Baumgart

Verschmelzung: Online und stationär

Baumgart und Vielhaber waren sich einig, dass Onlinehandel und stationärer Handel immer stärker miteinander verschmelzen. Viele BVOH-Mitglieder machen beides. Oft sichern nur die Umsätze im Onlinehandel das Überleben des Unternehmens. Diese Händler seien in der Regel auf Marktplätzen unterwegs. Das bringe Sichtbarkeit. Allerdings verbinde diese Händler zu einem Marktplatz wie Amazon eine Hassliebe, erklärte Vielhaber. Der Grund hierfür sei, dass Amazon eben nicht nur Marktplatz ist, sondern auch Händler und auf Grund des Einblicks in die Daten der Händler auf ihrem Marktplatz einen erheblichen Wettbewerbsvorteil habe. Wenn ein Händler auf die Präsenz auf einem Marktplatz verzichtet, benötigt er ein viel höheres Marketingbudget.

Baumgart schilderte, wie Alibaba mit stationären Händlern in China zusammenarbeitet. Selber verkaufen sei nicht die Hauptaufgabe von Alibaba. Mehr als 10 % der von sechs Millionen kleineren Einzelhändlern (etwa vergleichbar mit Tante Emma Läden in Deutschland) sind Partner von Alibaba’s System Ling Shou Tong. Das eröffnet den Händlern attraktive zusätzliche Vertriebsmöglichkeiten. Außerdem profitieren sie, indem sie an landesweiten Einkaufsevents wie dem Singles Day teilnehmen. Diese Events sind sehr populär und sorgen für sehr viel Umsatz. Im letzten Jahr wurde auf Alibaba’s Plattformen am Singles Day über 25 Milliarden Dollar Umsatz gemacht. Chancen für den stationären Handel bieten Innovationen. Ein Beispiel: Augmented Reality. Kunden können mit ihrem Smartphone durch Geschäfte laufen, z.B. mit dem Spiel „catch the cat“, die Kunden einen spielerischen Einblick in die Geschäfte vor Ort eröffnen, erläuterte Baumgart. Wenn dort ein AR-Spiel erfolgreich gespielt wird, winken z.B. Coupons als Belohnung. Das Smartphone spielt eine zentrale Rolle. Über 80 Prozent der Bestellungen bei Alibaba erfolgen von mobilen Endgeräten.

Beratung und Service

Ob Beratungsleistungen auch online gut abgebildet werden können, wird immer wieder in Frage gestellt. Vielhaber wies auf seinen Arbeitgeber reuter.de hin, der insbesondere Bäder und Leuchten anbietet. Da sei fachliche geschultes Personal eingestellt, sogar Handwerker, um die Beratung der Kunden auf hohem Niveau per Hotline oder in einer Ausstellung zu gewährleisten. Außerdem werden die Warenkörbe der Kunden darauf überprüft, ob die Bestellungen auch zusammenpassen und ob gegebenenfalls etwas fehlt. Baumgart schilderte den Unterschied zwischen chinesischen und deutschen Kunden. Chinesische Kunden verbringen mehr Zeit auf den Plattformen. Sie stellen mehr Nachfragen und sie nutzen die angebotenen Chatfunktionen, um sich mit anderen Kunden über die Produkte auszutauschen. Selbst die Bezahlapp Alipay verfügt über eine Chatfunktion, die intensiv genutzt wird.

Eigene Shops oder Marktplätze

Auf der Alibaba-Plattform Tmall in China sind viele deutsche Hersteller- und Handelsmarken mit eigenen Shops präsent. Diese Shops nehmen das Corperate Design der Marken auf. Welchen Stellenwert der Onlinehandel hat, wird am Beispiel Aldi deutlich. Aldi hat bei Tmall bereits einen Online-Shop. Es gibt in China aber noch keine stationären Geschäfte.

Alibaba in Deutschland

Alibaba betreibt in Deutschland AliExpress. Auf der Plattform werden Waren für Endkunden gehandelt. In Russland ist AliExpress Marktführer. Auch das Bezahlen mit der Zahlungsapp Alipay wird in Deutschland von einigen Einzelhändlern angeboten. Dabei handelt es sich meist um Händler, die viele chinesische Kunden haben. Es ist in China nicht ungewöhnlich, überhaupt keine Kreditkarte zu benutzen. Besonders wichtig für Alibaba in Deutschland ist es deutsche Waren und deutsche Händler auf den chinesischen Markt zu bringen.

Matthias Bannas und Irene Waltz-Oppertshäuser

Impressionen der Veranstaltung – alle Fotos von Andrea Tschammer