Die Digitalisierung macht vor den Banken nicht halt. Was sich alles beim Banking ändern könnte, diskutierten Philipp Blankenagel, Head of Communications bei der solarisBank, mit Carla Neuhaus, Wirtschaftsredakteurin beim Tagesspiegel und Alexander von Schmettow, Pressesprecher vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband – DSGV, beim Berliner Pub Talk am 24. Januar. Moderiert hat Susanne Krehl, Leiterin der Abteilung Public Relations und Marketing bei Barzahlen.de und Sprecherin der Fachgruppe Fintech beim Bundesverband Deutsche Startups.

Von links: Alexander von Schmettow (DSGV, Philipp Blankenagel (solarisBank), Susanne Krehl (Barzahlen) und Carla Neuhaus (Tagesspiegel)

In Deutschland gibt es zurzeit 100 Millionen Girokonten. Die Anzahl der Bankfilialen ist rückläufig. Gleichzeitig gewinnen Fintechs Marktanteile und die Digitalisierung im Banking nimmt Fahrt auf. Fintechs haben sich oft auf einzelne Bankdienstleistungen spezialisiert; von Zahlungsdiensten über die Kreditvergabe bis zur Vermittlung von Finanzdienstleistungen. Hinzu kommen Banking-Apps der etablierten Banken und Sparkassen. Bei dem Hype wird schnell übersehen, dass die allermeisten Bankdienstleistungen immer noch über Filialen abgewickelt werden.

Bankkonto kostenlos?

Bankdienstleistungen anzubieten, verursacht Kosten. Alleine die Sparkassen beschäftigen in Deutschland 330.000 Mitarbeiter und unterhalten 19.000 Filialen. Hinzu kämen die Kosten der Infrastruktur, zum Beispiel für Geldautomaten, machte von Schmettow deutlich. Auch die Software müsse ständig an neue Gesetze angepasst werden. In der Vergangenheit konnte ein Teil der Kosten mit Zinsgewinnen erwirtschaftet werden. Das sei aber bei der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) vorbei. Im Gegenteil, wenn Banken kurzfristig Geld bei der EZB einlagere, werden Strafzinsen fällig. „Sowohl die Anzahl der Sparkassen als auch der Geschäftsstellen wird in den nächsten Jahren weiter zurückgehen- weil Digitalisierung und demografische Entwicklung in Deutschland viele Filialen überflüssig machen. Die Sparkassen-Geschäftsstelle wird es auch in 20 Jahren noch geben – aber sie wird einen anderen Zweck als in der Vergangenheit erfüllen, so von Schmettow.“

Banking Apps

Da immer mehr Banken nicht länger kostenlose Konten anbieten würden, steige die Chance für digitale Angebote, wie zum Beispiel der Banking App von N26, so Blankenagel. von Schmettow wies darauf hin, dass die meistgenutzte Banking App von den Sparkassen stamme. Er sei dafür, dass auch Fintechs eine Banklizenz haben müssten. Neuhaus forderte, dass Startups den Verbraucherschutz in Zukunft stärker mitdenken müssen. So seien einige Crowdsourcing-Angebote auf dem Markt, bei denen das Risiko eines Totalverlustes des eingesetzten Geldes für die Anleger nur sehr schwer ersichtlich sei. Hinzu käme, dass auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) für Verbraucher nicht verständlich seien. Blankenagel stimmte dem prinzipiell zu, ergänzte aber, dass ein „Mehr“ an Informationen allein oft nicht der beste Weg sei. Die Branche entwickele aber bereits kurze und übersichtliche Produktinformationen. „Die Entwicklung wird sich in Zukunft noch deutlich mehr mit den Wünschen der Verbraucher decken, weil sie die treibende Kraft hinter dem Wandel im Banking sind. Das Entstehen von Fintechs sowie die Digitalisierungsbestreben der tradierten Banken sind primär auf den Wandel der Kundenansprüche nach simpleren, mobilen sowie allzeit erreichbaren Finanzangebote zurückzuführen“, machte Blankenagel deutlich.

Unverzichtbar sei die Sicherheit der Angebote. „Wer sich in das Feld bewegt, hat auch die Verantwortung und muss eine sichere IT-Umgebung bauen“, so Blankenagel. Das ist bei der solarisBank der Fall. Sie ist aber nicht im Endkundengeschäft tätig, sondern bietet auf Basis einer eigenen Banklizenz anderen Banken und Startups Lösungen für digitale Finanzdienstleistungen an. Die Sicherheit stehe auch für die Sparkassen an erster Stelle. „Die Zahlverkehrsdaten sind unser größter Schatz, die geben wir nicht weiter. Darauf können die Verbraucher vertrauen“, so von Schmettow. Ob die Verbraucher dieses Vertrauen auch Unternehmen wie Paypal entgegenbringen, müssen sie selber entscheiden. Auch über Echo von Amazon sei die Abwicklung von Finanzdienstleistungen möglich, dann landen aber eben auch alle Daten bei Amazon, gab von Schmettow zu bedenken.

Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2)

Mit der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie kommen erneut erhebliche Kosten auf Banken, Finanzdienstleister und Fintechs zu, erklärten von Schmettow und Blankenagel. Für die Prüfung von Münzgeld müssen die Banken Maschinen anschaffen, die 400.000 Euro pro Stück kosten. Das stehe in keinem Verhältnis zu den 54.000 gefälschten Münzen, die angeblich im Umlauf seien, so von Schmettow.

Bargeld oder Zahlungsdienstleistungen?

Für Banken und Sparkassen sind die Ausgabe und die Bearbeitung von Bargeld teuer, erklärte von Schmettow, aber es ist das beliebteste Zahlungsmittel: „Deutsche lieben Bargeld“. Blankenagel wies darauf hin, dass die Nutzung anderer Zahlungsmittel nach oben gehe, die Bargeldversorgung aber dennoch wichtig bleibe, dabei aber nicht zwingend in einer Bankfiliale abgewickelt werden müsse. Ein Beispiel hierfür seien die Services von Barzahlen.de. Wie breit aufgefächert das Thema ist, wurde anhand der Publikumsbeiträge deutlich. Einerseits wurde Rückständigkeit Deutschlands beklagt, weil in vielen Fällen eine bargeldlose Zahlung überhaupt nicht möglich ist. Das ist in den meisten afrikanischen Ländern deutlich besser. Auf der anderen Seite ist es in Polen nicht einmal mehr möglich, ein Busticket mit Bargeld zu bezahlen. Neuhaus machte deutlich, dass es wichtig ist, dass die Kunden die Wahl haben, wie sie bezahlen.

Gehört die Zukunft der Blockchain?

In einer Blockchain können Zahlungs- mit Transaktionsinformationen verknüpft werden. Es handelt sich um eine transparente Datenbank. Eine Blockchain ist nahezu fälschungssicher. Jede Information, die in der Blockchain abgelegt ist, ist für alle Teilnehmer an der Transaktion überprüfbar. Eine genauere Erklärung liefert Gründerszene.

Bei der auf der Blockchain basierenden Währung Bitcoin handele es sich um eine Währung, für die keine Banken erforderlich sind, so von Schmettow. Bislang können nur Banken Buchgeld erzeugen. „Bitcoins werden derzeit noch von einer sehr spitzen Zielgruppe genutzt“, so von Schmettow. In absehbarer Zeit werde der DSGV aber eine Blockchain-Lösung für Geschäftskunden anbieten. Blankenagel hob hervor, dass der Einsatz von Blockchain zu einer erheblichen Absenkung der Transaktionskosten führen werde, zum Beispiel bei Auslandsüberweisungen. Neuhaus ergänzte, dass es für Verbraucher überhaupt nicht ersichtlich ist, dass er eine Blockchain-Technologie verwendet. „Die Blockchain ist kostengünstig und transparent und hat damit eine enorme disruptive Kraft“, bekräftigte Volker Knauer vom Bundesverband Deutscher Banken.

Matthias Bannas und Susanne Krehl

Impressionen der Veranstaltung / alle Fotos von Andrea Tschammer