Um innovative Unternehmen oder Projekte in Deutschland zu finanzieren, sind in den letzten Jahren mit Crowdinvesting und Initial Coin Offerings (ICOs) zwei Möglichkeiten dazugekommen. Darüber diskutierten Christoph J. Stresing, stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) und Tamo Zwinge, Co-Founder & Managing Director der Crowdinvesting-Plattform Companisto und Präsidiumsmitglied im Bundesverband Crowdfunding, beim Berliner Pub Talk am 17. Mai. Moderiert hat Franziska Hauck, Redakteurin beim blockchaincenter.net.
In Unternehmen, Startups und soziale Projekte investieren? Das war nie so einfach wie heute. Crowdinvesting und Initial Coin Offerings (ICOs) können auch von Kleinanlegern genutzt werden. Damit wird die Eigenkapitalkultur in Deutschland gestärkt. Allerdings ist ein Totalverlust des investierten Geldes möglich. Müssen die Anleger besser geschützt werden? Bei anderen Anlagemöglichkeiten – wie Versicherungen oder Investmentfonds – sind Beratungs- und Informationspflichten vom Gesetzgeber vorgeschrieben.
Crowdinvesting
Startups bekommen von Banken oft keine Kredite. Crowdinvesting bietet ihnen eine Alternative. Bei den Crowdinvestings auf der Plattform Companisto findet vorab eine Prüfung (Due Diligence) und Qualitätssicherung der Projekte statt, machte Zwinge deutlich. Crowdinvesting ist eine sehr offene Anlagemöglichkeit, transparenter als viele andere Geldanlage-Optionen. Die Investoren haben kontinuierlich Zugang zu den Unternehmensinformationen. Es handelt sich aber in jedem Fall um Hochrisikokapital, so Zwinge. Ein Totalverlust ist nicht ausgeschlossen. Bei Companisto liegt die Ausfallquote aktuell bei 15 Prozent. Ein wichtiger Effekt des Crowdinvestings sei, dass dadurch Unternehmertum in Deutschland kultiviert werde. Crowdinvesting ist oft eine Ergänzung zu klassischem Venture Capital. Auch bei Venture Capital Beteiligungen gehen umfassende Unternehmensbewertungen durch den Wagniskapitalgeber den Investitionen voraus, erläuterte Stresing.
Initial Coin Offerings (ICOs)
Initial Coin Offerings (ICOs) basieren auf der Blockchain-Technik. Im Rahmen eines ICOs entsteht eine neue Kryptowährung oder ein Token, zum Beispiel als Versprechen auf eine Leistung oder eine Beteiligung an einem Unternehmen. Mit den Coins haben die Investoren Zugang zur versprochenen Leistung. Es entsteht aber kein Eigentum. Im Falle einer Unternehmensbeteiligung greifen die hierfür einschlägigen Regeln der BaFin. Allerdings läge der Reiz der Blockchain im Verzicht auf Vermittler, alle Informationen und Rahmenbedingungen sind im Code angelegt und dezentral gespeichert, so Zwinge. 46 bis 59 Prozent aller ICOs scheitern bereits im Anbahnungsprozess, ergänzte Hauck. Damit werde deutlich, dass die Selbstregulierung zumindest ein Stück weit funktioniere.
Regulierung und Verbraucherschutz
Crowdinvesting ist voll reguliert. Ein Vermögensinformationsblatt ist vorgeschrieben. Investoren dürfen nicht mehr als 2,5 Millionen Euro in ein Projekt investieren. Bei Privatinvestoren liegt die Grenze bei zwei Nettomonatsgehältern, so Zwinge. Stresing machte deutlich, dass der BVK hinsichtlich ICOs keine allzu restriktive Regulierung fordere. Ein Rahmen sei aber sinnvoll. Dass die Regulierung bereits jetzt greife, werde daran deutlich, dass die BaFin im letzten Jahr vier ICOs untersagt habe.
Reformen und Wettbewerb
Die Regulierung von Crowdinvesting habe dazu geführt, dass die investierten Summen in Deutschland zurückgegangen sind. Um der Branche erneut einen Schub zu geben, sei es erforderlich, dass echte GmbH-Anteile weitergegeben werden können, forderte Zwinge. Auch die Begrenzung der Investitionssummen – zumindest für institutionelle Anleger – sollte überdacht werden. Man dürfe nicht aus den Augen verlieren, dass es um die Finanzierung von Innovationen und Fortschritt geht. Daran habe Deutschland ein großes Interesse. Stresing ergänzte, dass der Regulierungsrahmen für Privatanleger grundsätzlich nicht zu niedrig sein sollte. Ansonsten könnte ein Vertrauensverlust entstehen. Entscheidend sei eine hinreichende Aufklärung der Anleger. Hinsichtlich der Rahmenbedingungen für Investitionen in Unternehmen finde bereits heute ein harter Standortwettbewerb statt, der durch den Brexit noch angeheizt wird. Plattformen spielen eine wichtige Rolle.
Perspektive
Zurzeit wird in Deutschland eine Milliarde Euro Venture Capital pro Jahr in Unternehmen investiert. Das ist deutlich weniger als in anderen Ländern, z.B. den USA, Dennoch sei eine Milliarde eine beachtliche Summe, wie Stresing deutlich machte. Man dürfe den Markt nicht kleinreden. Die Bedeutung der Blockchain-Technik und damit auch die Anzahl der ICOs werden zunehmen. Wenn der Rahmen für Crowdinvesting verbessert wird, ist eine deutsche Führungsrolle möglich, erklärte Zwinge.
Matthias Bannas und Franziska Hauck
Impressionen der Veranstaltung