Wenn Deutschland seine Verpflichtungen aus der Pariser Klimakonferenz einhält, wird das für den Einsatz des Rohstoffs Öl nicht folgenlos bleiben. Hierzu diskutierten am 25. Februar beim Berliner Pub Talk die Gäste Axel Graf Bülow, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Freier Tankstellen und Unabhängiger Deutscher Mineralölhändler e. V. – bft und Landesvorsitzender der FDP Brandenburg, sowie Dr. Hans-Joachim Ziesing, Geschäftsführer bei der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V. und Mitglied der vierköpfigen Experten-Kommission zur Beurteilung des Monitoring-Berichts der Bundesregierung zur Energiewende. Moderiert hat Dr. Felix Hardach.

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Berliner Pub Talk „Wie geht es weiter mit dem Öl?“ Darüber diskutierten Axel Graf Bülow, Moderator Felix Hardach, Dr.Hans-Joachim Ziesing und Matthias Bannas (v.l.n.r.) – Foto: Andrea Tschammer

Ist Paris verbindlich?

Auf der Pariser Klimakonferenz wurde von 195 Staaten vereinbart, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Dazu sollen die Netto-Treibhausgasemissionen bis zur zweiten Hälfte des Jahrhunderts auf Null zurückgefahren werden. Ziesing begrüßte das Verhandlungsergebnis. Problematisch sei allerdings die mangelhafte Verbindlichkeit für die beteiligten Staaten. Diesen Aspekt sah auch Bülow besonders kritisch. Wenn Deutschland seine Verpflichtungen vollständig erfüllen würde, die anderen Länder aber nicht, sei für das Klima nichts gewonnen. Darum sei sinnvoller, Entwicklungsländer mit klimaschonender Technologie zu unterstützen. In Deutschland sei zusätzlicher Klimaschutz viel teurer. Ziesing wies diesen Vorschlag zurück – Deutschland müsse als Folge von Paris seine langfristigen Ziele eher noch verschärfen, um zum Ziel einer maximalen globalen Temperaturerhöhung um 1,5 °C beizutragen. Die Industrieländer dürften nicht nach Ausflüchten suchen, um sich von Ihren Verpflichtungen zu befreien..

Mobilität und Verkehr

Mobilität und Verkehr haben einen großen Anteil an der Belastung des Klimas. Auch das ist einer der Gründe, warum die Bundesregierung bei dem Ausbau der Elektromobilität so ambitionierte Ziele verfolgt. Ziesing und Bülow waren sich einig, das eine Kaufprämie für Elektro-Autos in Höhe von 5.000 Euro eher nicht sinnvoll sei. Ziesing forderte eine bessere Förderung der Forschung zur Entwicklung von Batterien. Bülow machte deutlich, dass die Entwicklung der Versorgungsinfrastruktur einer der Knackpunkte sei. Hier könnten Tankstellen eine wichtige Rolle übernehmen. Sie seien als Versorgungspunkte für den Verkehr bereits etabliert. Schnellladungen innerhalb von 15 Minuten seien möglich.

Ziesing kritisierte, dass die Klimabelastung durch den Verkehr in Deutschland zugenommen habe. Innovationen beim Antrieb würden in zusätzliche Leistung der Automobile fließen. Alexander von Gersdorff vom Mineralölwirtschaftsverband (MWV) sagte dazu, dass sich die Straßenverkehrsleistung in Deutschland seit der Wende um rund die Hälfte erhöht habe, während die CO2-Emissionen des Verkehrs weitgehend konstant geblieben seien. Das unterstreiche, dass die Emissionen der Fahrzeuge seitens der Hersteller bereits deutlich gesenkt worden seien. Eine weitere, deutliche  Verminderung für die nächsten Jahre sei von der EU vorgeschrieben. Nach Auffassung von Ziesing ist es sicher richtig, dass die spezifischen Emissionen gesunken sind, doch kommt es für den Klimaschutz auf die absoluten Emissionen an und die sind – im Gegensatz zu den Reduktionszielen der Bundesregierung – in den vergangenen Jahren gestiegen.

 Förderpolitik, nur wie?

Ziesing wies darauf hin, dass auch im Verkehrssektor neben der Elektromobilität auch andere Technologien möglich seien. Er halte aber die Forderung nach technologieoffener Förderpolitik für falsch. Wenn bei der Energiewende ein solcher Ansatz verfolgt worden wäre, hätte es am Ende nur Windkraftanlagen gegeben. Ein geeignetes Instrument sei der Emissionshandel. Dieser würde immerhin europaweit funktionieren, müsse aber besser ausgestaltet werden. Auch China würde das Instrument übernehmen. Bülow kritisierte, dass der Emissionshandel insbesondere auf internationaler Ebene nicht funktionieren würde. Eine technologieoffene Förderungspolitik sei der richtige Weg, damit sich die marktwirtschaftlichste Lösung durchsetzt. In diesem Zusammenhang sei es überhaupt nicht gerechtfertigt, dass fossile Brennstoffe mit einer negativen Betrachtung versehen werden. Nach Auffassung von Ziesing sind die Ölpreissignale schon deshalb falsch, weil sie die externen Kosten der Nutzung der Kraftstoffe nicht reflektieren. Die Internalisierung der externen Kosten ist aber eine Voraussetzung für eine wirklich marktwirtschaftliche Lösung.

 Internationale Auswirkungen

Bereits heute zeichnet sich ab, dass ein sinkender Ölpreis gravierende politische Auswirkungen hat. Bülow wies auf Russland hin, dass hohe Einnahmeverluste hinnehmen muss. Ziesing stimmt dem zu. Ähnliche Auswirkungen sind natürlich auch für die ölexportierenden Länder des Nahen und Mittleren zu verzeichnen. Dort  erscheint aber auch angesichts der besonders günstigen Voraussetzungen für die Nutzung der Solarenergie ein Übergang auf erneuerbare Energien möglich, Es ist auch nicht zu übersehen, dass dort bereits im erheblichen Ausmaße in die Solarenergie investiert wird.

 … und wie geht es weiter?

Bülow  geht aber davon aus, dass auch in Zukunft fossile Kraftstoffe noch eine zentrale Rolle spielen werden. Schließlich habe kein anderer Kraftstoff eine vergleichbare Energiedichte. Ziesing machte deutlich, dass der Klimawandel nicht wegzudiskutieren sei. Darum seien passende Maßnahmen unerlässlich. In Hinblick auf den Verkehr waren sich Ziesing und Bülow einig, dass Vernetzung – unter Einbeziehung von öffentlichem Nahverkehr und Carsharing – eine immer wichtigere Rolle spiele. Es sei nicht sinnvoll, nur einen Kraftstoff durch einen anderen Kraftstoff zu ersetzen. Vielmehr müssten zugleich die strukturellen Verkehrsprobleme gelöst werden.

Matthias Bannas und Felix Hardach

Impressionen der Veranstaltung: Fotos von Andrea Tschammer

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