Sarah Bäumchen (Referentin für Energie- und Klimapolitik bei der WirtschaftsVereinigung Metalle – WVM) und Marion Jungbluth (Leiterin des Teams Energie und Mobilität bei der Verbraucherzentrale Bundesverband – vzbv) diskutierten am 25.09.2014 im Rahmen des Berliner Pub Talks zum Thema „Klimaschutz: Warum zahlt der Bürger mehr als die Wirtschaft?“. Die Veranstaltung wurde von Dr. Felix Hardach moderiert.

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Von links: Marion Jungbluth, Dr. Felix Hardach und Sarah Bäumchen / Foto Andrea Tschammer

 

Wer bezahlt die Energiewende?

Die Diskutantinnen waren sich über die Notwendigkeit der Energiewende einig. Frau Bäumchen erwähnte, dass die WVM-Mitgliedsunternehmen Materialien liefern, die für neue, klimafreundliche Technologien benötigt werden. Die Kostenverteilung der Energiewende wurde von WVM und vzbv sehr unterschiedlich bewertet.

Frau Jungbluth kritisierte, dass zu viele Industriebranchen von der Umlage der Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien ausgenommen seien und daher ein höherer Kostenanteil von den Verbrauchern getragen werden müsse. Das habe auch soziale Folgen in Deutschland. 600.000 Stromsperren in Haushalten seien ein alarmierendes Signal.

Akzeptanz der Energiewende steht in Frage

Frau Jungbluth wies auf Umfragen hin, denen zufolge die Energiewende bereits an Akzeptanz seitens der Verbraucher eingebüßt hat. Der vzbv hat wiederholt gefordert, dass nur eine geringere Anzahl von Industriesektoren von der Umlage nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz befreit werden sollte – nämlich die energieintensiven Unternehmen, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen. Der Kostenanstieg der Energiewende für den Verbraucher wird nicht gebremst.

Entgegen der vor den letzten Bundestagswahlen versprochenen Kürzung bleiben die Rabatte für die Industrie im EEG im vollen Umfang bestehen. Damit müssen die übrigen Stromkunden auch weiterhin Mehrkosten von knapp 5 Milliarden Euro pro Jahr schultern.

Preise an den Strombörsen

Frau Bäumchen betonte, dass die Kosten zur Förderung der erneuerbaren Energien im laufenden Jahr auf rund 24 Mrd. Euro angestiegen seien. Die energieintensive Wirtschaft würde auch nicht von den niedrigen Strombörsenpreisen am Spotmarkt profitieren. Sie müsse für die zuverlässige Lieferung großer Mengen an Strom am Terminmarkt höhere Preise zahlen. Diese würden sich am Steinkohlepreis orientieren. Das Problem seien die Gesamtkosten der Energiewende und nicht die Verteilung zwischen Industrie und Verbrauchern. Es sei wichtig, die gesamte Wertschöpfungskette der industriellen Produktion in Deutschland zu erhalten und eine Abwanderung ins Ausland zu vermeiden.

Welche Instrumente schützen das Klima am besten?

Andrea Tschammer kritisierte die fehlende Koordination bei der Energiewende. Das werde an den teils widersprüchlichen Maßnahmen und dem langsamen Netzausbau deutlich. Frau Jungbluth wies auf die Erfolge des Gesetzes zur Förderung der erneuerbaren Energien bei der Senkung von Treibhausgasen hin. Der Ausbau erneuerbarer Energien sei mit der Förderung der Energieproduzenten im EEG gelungen. Mit der Solarenergie und der Offshore-Windkraft gebe es aber auch Beispiele für Überförderung.

Frau Bäumchen sah im europäischen Emissionshandelssystem den Vorteil, dass es Emissionen auf kosteneffiziente Weise senke. Der Preisverfall der Emissionsberechtigungen in der Wirtschaftskrise wurde von Frau Jungbluth und dem Publikum kritisiert. Frau Bäumchen wies darauf hin, dass die Emissionsminderungsziele des Emissionshandels eingehalten werden. Ein Vorteil des Emissionshandelssystems sei gerade, dass sich die Preise der wirtschaftlichen Entwicklung anpassten und nicht ein fester Preis politisch festgelegt sei. Für die Wirtschaft sei die fehlende Investitionssicherheit auf Grund politischer Entscheidungen ein Problem. Für Investitionen in Deutschland seien verlässliche Rahmenbedingungen erforderlich.

Frau Jungbluth sah für die Förderung der Energiewende Potentiale in der Methode des „Nudging“, mit der Akteure „angestupst“ werden, klimaeffiziente Entscheidungen zu treffen, ohne dass dabei Ver- und Gebote eingesetzt werden. Es wurde auch diskutiert, ob Steuermittel eingesetzt werden sollten, um die Energie- und Wärmewände zu fördern.

Fazit

Obwohl die Energiewende grundsätzlich positiv bewertet wurde, zeigte sich, dass deren Kosten Sorgen bereiten. Ob eine Kostenbegrenzung gelingt, müsse jedoch mit einem großen Fragezeichen versehen werden.

Felix Hardach und Matthias Bannas / alle Fotos Andrea Tschammer

Erstveröffentlichung in der Pankower Allgemeinen Zeitung

Impressionen zur Veranstaltung

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