Beim Berliner Pub Talk „10 Jahre Hartz IV – Pflicht oder Zwang“ diskutierten Johannes Eber (Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft INSM) und „BGE-Papst“ Michael Fielsch über die Hartz-Reformen und das bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Die Veranstaltung wurde von Manuela Stamm moderiert.

_MG_2369

Im Mittelpunkt der Diskussion stand das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) von links: Michael Fielsch, Manuela Stamm und Johannes Eber / Foto Andrea Tschammer

 

10 Jahre Hartz-Reformen – wie hat sich der Arbeitsmarkt entwickelt?

Am ersten Januar 2005 ist die Hartz-IV-Reform in Kraft getreten. Seitdem ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland um mehr als ein Drittel gesunken. Auch die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich nahezu halbiert. Von den Menschen ohne Berufsabschluss sind fast 20 Prozent mehr in Beschäftigung. Der Niedriglohnsektor ist unmittelbar nach der Einführung von Hartz IV angewachsen, ist aber in der Zwischenzeit wieder auf das Niveau vor der Einführung abgesunken.

Leben von Hartz IV

Hartz IV deckt die vollständige Warmmiete, sofern die Wohnung als angemessen eingestuft wird. Hinzu kommen die Krankenversicherung und für Alleinlebende aktuell 391 Euro monatlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Fielsch kritisierte die Summe als zu gering. Eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben sei damit kaum möglich. So reiche der veranschlagte Beitrag von 18 Euro für Verkehrsdienstleistungen nicht einmal für den Erwerb einer Sozialmonatskarte. Diese koste in Berlin 36 Euro. Viele Hartz-IV-Bezieher kämen mit ihrer Situation nicht zurecht. Eber wies in diesem Zusammenhang auf das Abstandsgebot hin. Arbeit im Niedriglohnbereich sei vor allem für Familien mit Kindern unattraktiv. Weil es nur wenig mehr einbringe als Hartz IV.“  

Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kam nicht sonderlich gut weg. Fielsch kritisierte die Machtfülle der BA. Diese führe zu Machtmissbrauch. Die „Gewaltenteilung“ werde aufgehoben, weil „Anklage, Urteil und Vollstreckung“ in einer Hand lägen. Ein Teilnehmer aus dem Publikum kritisierte die Weiterbildungsangebote der BA. Im Bereich Informatik seien die Mängel offensichtlich. Die Bildungsanbieter würden unter anderem mit nicht mehr aktueller Software arbeiten. Viele Angebote seien überhaupt nicht marktgerecht. Das bestätigten auch andere Teilnehmer der Veranstaltung. Eber forderte die Umstellung auf ein System einer freihändigen Vergabe von Bildungsgutscheinen. Dann könnten die Betroffenen selber über ihre Weiterbildung entscheiden. Ob die BA ernsthaft an einer Abschaffung der Arbeitslosigkeit interessiert sei, müsse mit Blick auf die Institutionenökonomie angezweifelt werden. Institutionen verhalten sich stets so, dass ihre eigene Existenz gesichert werde. Sinkt jedoch die Arbeitslosigkeit, sinkt auch die Bedeutung der BA.

Bedingungsloses Grundeinkommen, aber wie?

Zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) liegen haufenweise Konzepte vor. Für Fielsch steht die Entlastung der Betroffenen vor Repressalien der BA im Vordergrund. Ein BGE sollte zwischen 1.000 und 1.500 Euro im Monat betragen. Matthias Bannas (Bundesverband der Dienstleistungswirtschaft) kritisierte das BGE-Konzept. Sinnvoller sei es – wie auch bisher – Bedürftigen zu helfen. Der finanzielle Aufwand für die Auszahlung eines BGE an alle Bürger sei zu hoch. Es sei sinnvoller über das Erwirtschaften als über das Ausgeben von Geld nachzudenken. Eber wies darauf hin, dass der finanzielle Aufwand für das BGE gar nicht so hoch sei, wenn andere Sozialleistungen, wie zum Beispiel Arbeitslosengeld, Rente oder Kindergeld dafür entfallen würden. Zudem steige der Anreiz zur Aufnahme von Arbeit, da eine Anrechnung von Einkommen, wie es bei Hartz IV gehandhabt werde, nicht mehr erforderlich sei.

Fazit

Die Arbeitsmarktpolitik dreht sich weiter. In welche Richtung, machten die beiden Experten deutlich. Eber kritisierte die amtierende Bundesregierung dafür, dass sie die Erträge der Hartz-Reformen für den Arbeitsmarkt verspielt. So werde zum Beispiel der Mindestlohn dazu führen, dass viele Arbeitnehmer, für die die Arbeitgeber nicht bereit sind, Mindestlohn zu zahlen, ihre Stelle verlieren werden. Darum müsse die Bundesregierung endlich erneut auf einen marktwirtschaftsfreundlichen Reformkurs umschwenken. Fielsch erklärte, dass er ein persönliches Beispiel für erfolgreiches Engagement abseits des Arbeitsmarktes darstelle. Beispiele hierfür seien die beim Radiosender Alex laufende Sendereihe „Der Wendeberater“ und der Einsatz bei den Kreuzaktionen für die „Opfer der Agenda 2010“.

Matthias Bannas  und Manuela Stamm / alle Fotos Andrea Tschammer

 

 

Ein weiteren Bericht zur Veranstaltung von Matthias Baumann findet Ihr hier.

Impressionen / alle Fotos Andrea Tschammer

_MG_2314_MG_2306_MG_2285bearbeitetneu